Autor: Frauke Itzerott | Redakteurin ROBOTIK UND PRODUKTION

Deutsches Robotik-Cluster in Sachsen | Robot Valley Saxony

Neues aus dem Tal der Roboter

Zuletzt hat ROBOTIK UND PRODUKTION in der Ausgabe 4/2020 einen Blick hinter die Kulissen des sächsischen Robotik-Clusters Robot Valley Saxony geworfen. Rund ein Jahr später gibt es neue spannende Robotikprojekte und -anwendungen. Und auch die Forschung steht nicht still.

Sachsen bietet mit seiner Branchen- und Innovationsvielfalt beste Voraussetzungen, als Impulsgeber für die deutsche Robotikszene zu agieren. „Gut 300 Unternehmen und Institute mit 35.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beschäftigen sich im weitesten Sinne mit Robotikprojekten. Diese Akteure erwirtschaften in Sachsen knapp 6 Mrd.€ jährlich. Dabei sind sächsische Unternehmen und Institute vor allem an der Schnittstelle zwischen Roboterherstellern und Anwendern aktiv, wie zum Beispiel Wandelbots. Viele liefern individuelle, maßgeschneiderte Lösungen für verschiedene Branchen und zunehmend auch für den Mittelstand“, so Thomas Schulz, Geschäftsführer des Robot Valley Saxony, dem sächsischen Robotik-Cluster.

Beginnen wir unsere Reise durch das Robot Valley nun am Kompetenzzentrum Robotik im Handwerk. Die Handwerkskammer Dresden betreibt ein eigenes Robotiktestfeld mit verschiedenen Demonstratoren zu Anwendungen wie Materialtransport, Handling, automatisierte Be- und Verarbeitung von Werkstücken und Werkstoffen sowie Arbeitsunterstützung mittels Exoskeletts. Dort ist zum Beispiel ein sechsachsiger BA006N-Roboter von Kawasaki mit einer Schweißquelle zum Lichtbogenschweißen von Kemppi ausgestattet. Mit einer maximalen Reichweite von fast 1,5m kann er Arbeitsaufträge mit einer Genauigkeit von 0,06mm ausführen. Das Exoskelett Cray X von German Bionic kann den unteren Rücken beim Heben von schweren Gegenständen entlasten, indem es Bewegungen nachahmt und verstärkt. Es bietet eine Lastunterstützung von maximal 25kg und wiegt selbst 8kg. Ein autonom fahrender Transportroboter von der Firma FlexQube folgt mittels Kamerasystem einer auf dem Fußboden markierten Bahn. Mithilfe von RFID-Tags können Halte- und Wendepunkte definiert werden. Die Befehlseingabe erfolgt mittels App und lässt sich durch vorstrukturierte Elemente einfach umsetzen. Das System kann bis zu 1t Last bewegen und durch verschiedene Aufbauten ergänzt werden.

5G und Robotik

Das Exzellenzcluster CeTI (Centre for Tactile Internet with Human-in-the-Loop) forscht an der Übertragung von aktiven und passiven Berührungssignalen, um in virtueller oder realer Umgebung ohne Zeitverzögerung Dinge zu erspüren, etwa durch intelligente Kleidung. In die interdisziplinäre Forschung aus Elektrotechnik, Informatik, Psychologie, Neurowissenschaften und Medizin sind über 100 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen aus 19 Nationen involviert. Zusammen mit dem Dresdner Startup Wandelbots und dem 5G Campus-Projektteam der TU Dresden verfolgt das Exzellenzcluster ein gemeinsames Ziel: die Demokratisierung von Fähigkeiten und Fachwissen – ganz konkret in diesem Fall die Programmierung und der Einsatz von Robotern in Handwerksbetrieben und kleinen und mittelständigen Unternehmen.

Bislang gestaltet sich der Einsatz von Robotern in KMUs durch die schwierige Programmierung und Ansteuerung umständlich. Wandelbots will dies durch seine intuitive No-Code-Lösung Tracepen ändern. Dennoch ist weiterhin viel teure und spezielle Rechenhardware nötig, um Roboter anzusteuern. Durch 5G kann die Robotersteuerung aus der Edge-Cloud erfolgen und Lernprogramme lassen sich zwischen Robotern übertragen. Durch die schnellere Kommunikation der Maschinen untereinander kann die Produktion in Echtzeit angepasst werden. Auch die Überwachung und Änderung von Maschinenaufträgen in der Werkstatt kann der Handwerker bequem beim Kunden vornehmen, ohne erst in seinen Betrieb fahren zu müssen.

Als anschauliches Beispiel der gemeinsamen Forschung und Entwicklung von Wandelbots, der TU Dresden und dem Exzellenzcluster CeTI diente auf dem Robotikevent Kollege Roboter von Mi-connect und der Handwerkskammer Dresden ein Demonstrator mit UR-Roboter, der Teiglinge für das Bäckerhandwerk vorbereitet. Aus der Cloud heraus mittels 5G angesteuert und mit Hilfe des Tracepens angelernt, kann der Roboter die repetitive Aufgabe des Auflegens der Teiglinge auf ein Backblech fehlerfrei und schnell ausüben. Weitere Demonstratoren des CeTI, die auf dem Dresden Robotics Festival, das vom 16. bis zum 22. September 2021 stattfand, zu sehen waren, sind die Gestenerkennung ‚Rock Paper Scissors‘, ein Surf-Demontrator, der Boston-Dynamics-Roboterhund Spot sowie eine Robotikanwendung für die zukünftige Krebschirurgie aus dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT). Bei der Gestenerkennung messen in einen Datenhandschuh eingestrickte Sensoren Dehnungen des Fingers während der Bewegung. Beim Surf-Demonstrator kann ein Surfer mittels Ganzkörper-Tracking direkt auf dem Brett durch Sensoren und Aktuatoren Lernerfolge erzielen. Bei dem Projekt um den Roboter Spot geht es in erster Linie um die Virtualisierung von Robotersteuerungen, die Auswertung von 3D-Sensordaten, erzeugt mit einer optischen und einer Tiefenkamera in der Cloud, sowie um die Ressourcenverschiebung in die Cloud, um weniger Energie zu verbrauchen und eine längere Laufzeit des Roboters zu erreichen. 

Bei dem Projekt um den Roboter Spot geht es in erster Linie um die Virtualisierung von Robotersteuerungen, die Auswertung von 3D-Sensordaten sowie um die Ressourcenverschiebung in die Cloud.
(Bild: TeDo Verlag GmbH)

  Hier geht’s zur nächsten Station auf der Reise durch das Robot Valley Saxony: https://www.robotik-produktion.de/news-und-normen/robot-valley-saxony/ 

Frauke Itzerott

Redakteurin ROBOTIK UND PRODUKTION

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