Autor: Mathis Bayerdörfer / Chefredakteur SPS-Magazin
Automatisierungsmessen
Einfach (und) passend
Am 11. und 12 Mai fand die All About Automation zum ersten Mal in Düsseldorf statt. Die Veranstaltung präsentierte nicht nur das breite Spektrum moderner Automatisierungsdisziplinen – von Steuerungs-, und Antriebstechnik über Sensorik und IoT-Lösungen bis zur Robotik. Sie spiegelte auch zentrale Technologietrends wider, die dafür sorgen, dass mittelständische Anwender Automatisierungslösungen unkompliziert und auf ihre Anforderungen zugeschnitten einsetzen können.
Große Visionen für die Fabrik der Zukunft sucht man hingegen vergeblich. „Neue Technologien sind erst auf der All About Automation zu finden, wenn es auch einen Anwendungsfall dafür gibt“, betont die Veranstalterin. Folglich sind die gezeigten Produkte technisch ausgereift und Lösungen in der Regel sehr praxisnah. Das gleiche gilt auch für die technologischen Trends an sich, die quer durch das Ausstellerspektrum wahrzunehmen sind.
Passgenaue Lösungen
Ein Trend, der vollends im Maschinenbau angekommen ist, geht von Standardgeräten von der Stange hin zu angepassten – oft modularen – Lösungen, die exakt das Bedürfnis des jeweiligen Anwenders treffen. Immer öfter setzen die Anbieter dafür auf einen Baukasten, aus dessen Hard- und Software-Bestandteilen man sich flexibel bedienen kann. Ein gutes Beispiel von der Messe bietet das ausgestellte KannMotion-Programm von Koco Motion und Adlos. 2017 ins Leben gerufen umfasst es mittlerweile eine Vielzahl an Bausteinen, so dass sich passgenaue Lösungen ohne großen Entwicklungsaufwand – also schnell und wirtschaftlich – umsetzen lassen. Das zahlt sich gerade bei überschaubaren Stückzahlen aus.
Das Konzept der Customized Solutions war in Düsseldorf quer durch alle Automatisierungsdisziplinen zu finden. Selbst bei kompletten Industrierobotern: Das noch junge Unternehmen RobCo, ein Spin-Off der TU-München, setzt seine Kinematiken von Grund auf nach Wunsch des Kunden zusammen. Viele unterschiedliche Achsen und die dazugehörigen Softwaremodule stehen zur Verfügung. Der Clou: Aufgrund smarter Module in den jeweiligen Gelenken weiß der Roboter automatisch, welche Leistungsdaten und Funktionen er besitzt.
Einfacher zur Anwendung
Ein zweiter Technologietrend, der quer durch die Halle auf dem Areal Böhler zu spüren war, nennt sich auf Neudeutsch Easy-to-Use. Auch er nimmt mittlerweile alle Bereiche der Automatisierung ein. Fangen wir wieder bei der Antriebstechnik an: SEW-Eurodrive etwa präsentierte auf der All About Automation, an wie vielen Stellen die aktuelle Automatisierungsgeneration Movi-C das Leben des Anwenders vereinfachen kann. Das Spektrum reicht vom Motorenanschluss per Einkabeltechnik über passend vorbereitete Bundles für bestimmte Einsatzfälle bis hin zur automatischen Inbetriebnahme von Antrieben, die selbst für Laien umsetzbar ist. Das Unternehmen PTS, ein zertifizierter Rexroth-Partner, nimmt gerade im Bereich der Lineartechnik steigende Nachfrage nach einfach zu realisierenden Lösungen wahr. Dem begegnet man mit smarten Auslegungs-Tools und Online-Konfiguratoren, die sich ohne Spezialwissen nutzen lassen und die eigentliche Komplexität der Anwendung gut kaschieren.
Auch bei der Robotik waren einige Easy-to-Use-Lösungen zu sehen: So zeigte etwa die Firma Wandelbots, wie sich über eine komplett neuen Ansatz und der Hilfe künstlicher Intelligenz der Aufwand für die Bahnplanung drastisch reduzieren lässt. Mitsubishi Electric und der Partner JAM Automation legten hingegen einen Fokus auf intuitives Programmieren. Dafür hatte man einen Roboter vom Typ Melfa Assista ausgestellt, der sich sowohl für Cobot- als auch für klassische Industrieroboteranwendungen einsetzen lässt. In das Thema der einfachen Roboterprogrammierung zahlten in Düsseldorf noch einige weitere Aussteller wie Hahn Robotics oder GLM ein.
Was Easy-to-Use in Bezug auf das industrielle IoT bedeutet, demonstrierte die Autosen-Tochter IO-Key. Mit derem Gateway und daran angeschlossene IO-Link-Sensoren, sollen sich gerade Retrofit-Anwendungen einfacher umsetzen und besser skalieren lassen. Das hier aber noch viel Aufklärungsarbeit nötig ist, betonte Christoph Müller am Messestand: „Die zögerliche Umsetzung von IoT-Applikationen ist kein Technologieproblem.“ Im Gegenteil: Auf dem Markt sei bereits eine große Zahl entsprechender Lösungen verfügbar.
Neue Stationen der Messe
Übergreifend ging es auf der Messe in Düsseldorf auch um die aktuellen Schwierigkeiten durch Bauteilemangel und gestörte Lieferketten. Trotzdem ließ sich die Stimmung nicht wirklich trüben. Manch einer nahm die Situation sogar mit einer Portion Humor, etwa Jörg Peters: „Ich könnte mittlerweile Seminare halten, wie man mit dem Chipmangel umgeht“, so der Insevis-Geschäftsführer augenzwinkernd. Dabei steht der Hersteller, was die Lieferfähigkeit angeht, noch vergleichsweise gut da, weil er seine Steuerungen und HMIs ausschließlich in Deutschland fertigen lässt.
Trotz der aktuellen Herausforderungen war die All About Automation also eine erfolgreiche Veranstaltung. Das betont auch Tanja Waglöhner: „Die Messeteilnehmer machen das Beste aus der Situation. Gerade, weil die Beziehungen, die hier aufgebaut und gepflegt werden, in der Regel langfristig ausgerichtet sind.“ Mit der ersten Ausgabe der Lokalmesse in Heilbronn steht auch schon die nächste Premiere für die Veranstalterin vor der Tür. Dort wird vornehmlich ein Publikum adressiert, das zwischen Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim und Schwäbisch Hall zu Hause ist. Waglöhner rechnet erneut mit großem Interesse: „Die 138 Ausstellerplätze, die uns zur Verfügung stehen, sind jedenfalls bereits seit sechs Monaten ausgebucht.“ Eine dritte Erstaufführung in diesem Jahr wird die All About Automation in Zürich, die am 31. August und 1. September stattfindet.